Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein erschreckend alltägliches und globales Phänomen. Im Jahr 2022 wurden über 48.700 Frauen und Mädchen von Partnern und Menschen aus ihrem familiären Umfeld ermordet. In Deutschland versucht beinah jeden Tag ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten. Was können Menschen dieser gezielten Brutalität entgegensetzen?
In diesem Text werden im Begriff „Frauen“ auch trans*Frauen mitgemeint. Trans*Frauen sind Frauen. Der Text zieht Informationen aus Statistiken, die nicht erkennen lassen, ob nur das biologische Geschlecht der Opfer gezählt wurde oder ob auch abweichende Geschlechtsidentitäten berücksichtigt wurden.
Der Begriff Femizid beschreibt ein Tötungsdelikt, gleich ob Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge, an einer Frau oder einem Mädchen. Der Mord steht dabei maßgeblich im Zusammenhang mit dem Geschlecht der Getöteten, auch wenn dies oft in der medialen Berichterstattung nicht so formuliert wird. Oft ist dann von dem „Familiendrama“ oder einer „Tragödie“ die Rede. Die Motive der Täter sind vielfältig, aber sind doch geeint durch ihre grundlegend frauenfeindliche Haltung. Eine Haltung, die durch das Weltbild einer Gesellschaft, die Männer strukturell bevorzugt (Patriachat), entsteht. Frauen werden ermordet, weil sie keine Männer sind, sondern Frauen.
Täter begehen zuweilen aus reinem Frauenhass und einer gefühlten Bedrohung durch Feminismus Morde an Frauen. Zu solchen Taten gehörten die Attentate von z.B. Isla Vista, Kalifornien (2014) und Toronto (2018). In solchen Fällen stehen Täter und Opfer oft in keiner persönlicher Beziehung zueinander.
Meistens kennen sich allerdings Täter und Opfer, denn die häufigste Form des Femizids fällt in den Bereich der Partnerschaftsgewalt. Etwa die Hälfte aller Femizide ist diesem Bereich zuzuordnen.
Femizide kann man nur grundlegend entgegenwirken, wenn man sich generell damit beschäftigt, jede Form der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu verhindern. Die Politik ist gefordert, einen feministischen Kurs zu fahren, um nicht nur knapp die Hälfte der Bevölkerung vor Gewalttaten zu schützen, sondern auch um das weitere Entstehen von gewaltbereiten Tätern zu verhindern.
Das Problem vom Hass auf und der Unterdrückung von Frauen wird gerne auf andere Länder und Kulturen geschoben. In vielen Ländern ginge es Frauen viel schlechter als in Deutschland, wird gerade dann betont, wenn es um die Ungleichheit der Geschlechter hierzulande geht. Solche Vergleiche dienen oft zur Ablenkung, Abschwächung von Argumenten und basieren zudem nicht selten auf rassistischen Annahmen. Menschen, die so argumentieren, weisen dadurch gerne von sich selbst und befreien sich von der eigenen Verantwortung, Handlung zu ergreifen. Das Problem außerhalb Deutschlands oder auch bei Migrant:innen zu suchen, ist eine faule Verschiebung von Verantwortung, die Täter unterstützt, Opfern von Gewalt schadet und nichts ändert an einem bestehenden Problem.
Um nachhaltige Lösungen und Veränderungen zu schaffen statt ein systematisches Problem auf „die Anderen“ abzuschieben, braucht es Menschen, die aktiv werden und sich bewusst sind welche Fehlstellungen es im Gleisbett der Gesellschaft gibt und wie man die Weichen neu stellen kann.
Ein erster Schritt, um etwas zu bewegen, ist sich und andere zu informieren. Im Internet kann schnell ein niederschwelliger Einstieg in das Thema „Gewalt gegen Frauen“ gefunden werde. So findet ihr Zahlen und Fakten auf Seiten wie die der Bundesregierung, der UN – Women und des Frauenrats. Auch gibt es verschiedene Literaturveröffentlichungen zum Thema wie z.B. „Femizide – Frauenmorde in Deutschland“ von Julia Cruschwitz und Carolin Haentjes, die mit ihrem Buch ein gutes Referenzwerk zur Verhinderung von Gewalt an Frauen geschaffen haben.
Was müsste noch alles passieren, dass sich wirklich etwas gesellschaftlich ändert? Die Autorin Margarete Stokowski („Die letzten Tage des Patriachats“) forderte einige grundlegende Aktionen. So müsste in Grundschulen bereits über Gewalt aufgeklärt werden, Beratungsmöglichkeiten müssten ausgebaut und besser finanziert werden. Frauen bräuchten auch mehr Gehalt oder finanzielle Unterstützung, um sich aus potenziell gefährlichen Situationen zu retten. Auch ein sozialer Wohnungsmarkt würde Betroffenen helfen sich aus gewaltvollen Beziehungen schneller zu lösen. Polizei, Justiz und soziale Einrichtungen müssten besser sensibilisiert werden und auch Belästigung und Gewaltandrohungen im Internet müssten ernsthafter verfolgt werden. Zudem wäre auch ein für alle Menschen zugängliches Therapieangebot wichtig. Letztlich sei auch eine Stärkung der Grundrechte aller Minderheiten und die Bekämpfung von Extremismus unabdingbar.
Es muss also in unterschiedlichen Gebieten noch viel geschehen, um Frauen nicht nur effektiv zu schützen vor Gewalt, sondern um den Auslösern der Gewalt vorzubeugen. Es bewegt sich glücklicherweise bereits einiges. In Berlin und länderübergreifend gibt es eine Vielzahl an Gruppen, die sich in einem oder mehreren der genannten Bereiche aktiv engagieren. Welche und wie viele Gruppen gibt es in deiner Nähe zu entdecken?
Jetzt gegen Gewalt handeln!
Welchen Beitrag können einzelne Personen leisten, um Gewalt an Frauen entgegenzuwirken? Einiges können wir als Einzelne bewirken, so können wir unser Umfeld für das Thema sensibilisieren, Gespräche suchen und auch im Einzelfall Betroffene unterstützen. Wer gezielte oder größere Veränderung bewirken möchte, kann sich bereits existierenden Gruppen anschließen oder selbst eine Initiative in die Welt rufen.
Jeder Beitrag hilft dem großen Ganzen. Denn Hoffnung, dass wir zu einer echten und wahrhaft-gefühlten Gleichstellung aller Geschlechter kommen können, muss es immer geben. Die Gleichstellung beginnt mit dem Umdenken Einzelner und endet mit einem globalen Umdenken, das die Grundlage für eine Zukunft schafft in der Frauen* und Mädchen nicht als minderwertigere Menschen als Männer angesehen werden.
Die Enttabuisierung des Themas ist ein wichtiger Teil in einen offenen Dialog zu kommen und Sichtbarkeit zu schaffen. Denn es ist ein Thema, dass in jedem Teil der Bevölkerung auftritt. Dass drei von 10 Frauen im Laufe ihres Lebens Opfer von Gewalt werden, bedeutet auch, dass jede*jeder solch eine Person kennt. Die Enttabuisierung durch Zuhören und Helfen nimmt die Scham von Betroffenen und lenkt sie zurück auf die Täter.
ALEX BERLIN unterstützt als offener Sender der Hauptstadt die Berliner:innen, die sich für Frauen und gegen Gewalt an ihnen einsetzen. So nutzen Initiativen und Einzelpersonen ALEX als Plattform, um über Gewalt an Frauen zu informieren und auf Femizide in Deutschland aufmerksam zu machen.
So überträgt der Verband berufstätiger Mütter e.V. (VBM) am 07.02.2024 um 17 Uhr bei ALEX live im TV die Veranstaltung „MeForHer.International – Fe*Male against (domestic) violence against women“. Die Veranstaltung informiert zum Thema „Gewalt gegen Frauen“ und stellt Zahlen, Fakten und Hilfsangebote, sowie Forderungen vor. Die Sendung könnt ihr zu späteren Zeitpunkt im ALEX KOSMOS finden.
Am 14.02.2024 begleitet ALEX Berlin die Flashmob-Aktion unter dem Schirmprojekt One Billion Rising in Treptow-Köpenick, Berlin. Unter dem Motto „Rise for Freedom“ wird weltweit ein Aktionstag für ein Ende der Gewalt an Frauen und Mädchen und für Gleichstellung begangen. Jährlich seit 2012 gibt es die Demonstration um Solidarität mit den Frauen, die Gewalt erleben, zu zeigen. (Das Interview mit der Initiatorin Aissatou Friedrich zur Veranstaltung könnt ihr auf unserer Instagram Seite finden.)
Wir hoffen ihr fühlt euch bestärkt euch zu informieren und aktiv gegen Gewalt und für die Frauen in eurem Leben zu werden.
Text: Frankie Frangenheim
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